Riesen-Asylzoff: Baerbock schreibt Fleh-Brief an die Grünen

Annalena Baerbock

Außenministerin Annalena Baerbock schickte einen fünf Seiten langen Entschuldigungsbrief

Foto: NTB/via REUTERS
Von: Angelika Hellemann

Brodel-Stimmung bei den Grünen wegen des EU-Asylbeschlusses!

Und Annalena Baerbock (42, Grüne) versucht, die eigene Partei per Entschuldigung zu beruhigen. BILD erfuhr: Wenige Stunden, nachdem sich die europäischen Innenminister auf ein schärferes Asylrecht mit zentralen Lagern an der EU-Außengrenze geeinigt hatten, schickte die Außenministerin einen fünf Seiten langen Entschuldigungsbrief an alle grünen Parteifreunde.

Baerbock rechtfertigt sich darin in einem flehentlichen Tonfall, warum die Bundesregierung – und damit die grünen Minister – der Asyl-Einigung zugestimmt hätten. Das Ja dazu sei ihr „persönlich sehr schwergefallen“.

Für Baerbock sind die verpflichtenden Grenzverfahren „der bittere Teil“ der neuen EU-Flüchtlingspolitik. Sie schreibt: „Der jetzt erreichte Kompromiss ist absolut kein einfacher. Zur Ehrlichkeit gehört: Wenn wir die Reform als Bundesregierung alleine hätten beschließen können, dann sähe sie anders aus.“

Die Außenministerin entschuldigt die Zustimmung zur Asyl-Reform so: Der Kompromiss würde Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan helfen, weil sie nicht länger in den schlimmen Camps auf den griechischen Inseln (z.B. Moria) festhängen würden. Sie würden jetzt auf EU-Länder verteilt.

Baerbock: „Ein Nein oder eine Enthaltung Deutschlands hätte bedeutet, dass Kinder trotz hoher Bleibeperspektive weiter an der Außengrenze festhängen bleiben.“ Aber: In dem EU-Kompromiss wird lediglich die Zahl 30.000 Flüchtlinge genannt, die jedes Jahr mindestens verteilt werden sollen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stellten 880.000 Migranten in der EU Asylanträge.

Die Bundesregierung habe die schlimmsten Verschärfungen verhindert und erreicht, dass möglichst wenige Flüchtlinge in die Lager an den EU-Außengrenzen müssten. Baerbock: „Für Geflüchtete mit einer hohen Schutzquote, – also Syrer, Afghanen, Iraker – gelten diese Grenzverfahren nicht!“

Aktuell befindet sich Annalena Baerbock in Kolumbien, wo sie Vizepräsidentin Francia Marquez einen Preis für Frauenrechte und Demokratie des deutsch-kolumbianisch-karibischen Frauennetzwerks Unidas überreicht hat

Aktuell befindet sich Annalena Baerbock in Kolumbien, wo sie Vizepräsidentin Francia Marquez einen Preis für Frauenrechte und Demokratie des deutsch-kolumbianisch-karibischen Frauennetzwerks Unidas überreicht hat

Foto: Annette Riedl/dpa

Und: Kommen zu viele Flüchtlinge in Italien oder Griechenland an, geht gar keiner mehr ins Lager! Baerbock: „So müssen jederzeit 30.000 Plätze für die Grenzverfahren bereitgehalten werden. Wenn diese Kapazitäten oder eine jährliche Höchstgrenze von im ersten Jahr 60.000 (später bis 120.000) überschritten werden, dann werden die Grenzverfahren ganz ausgesetzt.“

Baerbock versucht ihren Parteifreunden außerdem zu erklären, warum auch Familien mit Kindern in die Lager müssen. Die Regierung habe „hart dafür gekämpft“, die „Freiheitsbeschränkungen für Familien“ so gering wie möglich zu halten. „Dass es für unsere harte Forderung, Familien ganz auszunehmen, keine Mehrheit gab, ist mehr als bitter.“

Jetzt will sie möglichst viele Eltern und Kinder über Detailregelungen vom Grenzlager verschonen: So sei z.B. Beschulung verpflichtend. Könne die im Grenzlager nicht gewährleistet werde, müsse die Familie nicht ins Camp.

Etliche EU-Staaten hätten Flüchtlinge, die auf ihrer Route nach Europa sichere Drittländer durchquert haben, dahin zurückweisen wollen. Das habe die Regierung verhindert und so sichergestellt, dass Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Irak weiterhin „der Zugang zum Asyl in Europa erhalten bleibt“. Jetzt dürften Flüchtlinge nur in Drittstaaten zurückgeschickt werden, wenn sie dort „familiäre Bindungen oder berufliche Voraufenthalte haben“.

Der Asylkompromiss hat viel Sprengkraft für die Grünen. Baerbock schreibt: „Ich weiß, dass viele von Euch mit dieser Entscheidung hadern.“ Um ihre Parteifreunde zu besänftigen, listet sie ein grünes Horrorkabinett auf: Ohne den Asylkompromiss drohten mehr Abschottung, mehr Zäune und gar wieder Schlagbäume an Rhein und Oder.

Ob diese Worte ihrer Außenministerin das Grünen-Brodeln wirklich beruhigen können? Völlig offen.

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